Synthesegas aus Klärschlamm:

Energielieferant für industrielle Feuerungsprozesse

Das KOPF SynGas-Verfahren wandelt getrocknetes Klärschlammgranulat in Synthesegas um. Gleichzeitig wird die im Granulat enthaltene phosphorreiche Asche abgetrennt. Damit ist die energetische Nutzung von Klärschlamm als Zusatz- oder Hauptbrennstoff unter Einhaltung der ab 2029 geltenden Phosphor-Rückgewinnungspflicht möglich.

19.01.2023

„Die Gasifizierung von Klärschlamm nach dem SynGas-Verfahren ist ein besonders interessanter Ansatz, der die zukünftige Verwendung von Klärschlamm als Brennstoff in energieintensiven Industrieprozessen ermöglicht“, schildert Dr. Alexander Neagos, CEO der KOPF SynGas GmbH & Co. KG. Durch die Erzeugung eines brennbaren Synthesegases können Temperaturen von bis zu 1500 Grad Celsius erreicht werden. Der Klärschlamm kann dadurch als CO2-neutraler Energieträger kosten- und CO2-intensive Primärenergieträger wie Erdgas oder Braunkohle ersetzen. Das ist vor allem in der Zementproduktion und beispielsweise auch in der Kalkherstellung interessant.

Um Synthesegas aus Klärschlamm zu erzeugen, wird dieser in getrockneter Form mit einem maximalen Restwassergehalt von 15 Prozent benötigt. Durch die Nutzung externer, regenerativer Wärmequellen wie Ab- oder Sonnenwärme steht CO2-neutrales Synthesegas zur Verfügung.

Die thermische Behandlung des getrockneten Schlamms erfolgt unter reduzierenden Bedingungen bei =0,25. Kern des Verfahrens ist die stationäre Wirbelschicht, in der in einem autothermen Prozess bei Temperaturen zwischen 850 und 900 Grad Celsius unter Zuführung vorgewärmter Luft das brennfähige Synthesegas erzeugt wird. Je nach Anwendung kann das Synthesegas in einem Zyklon grob entstaubt, in einem Luftvorwärmer auf 400 Grad Celsius gekühlt und mit Hilfe eines keramischen Feinfilters restentstaubt werden.

Überführung der im Klärschlamm enthaltenen Energie in einen thermischen (Hh) und chemischen (Hchem) Energiestrom. Dabei werden externe Quellen (Qext) wie Ab- und Sonnenwärme für die Trocknung genutzt.

Wichtiges Einsatzgebiet: Zementindustrie
Ein wichtiges Gebiet ist der Einsatz von Brenngas-Modulen bei der Zementherstellung. Derzeitige Praxis in den Zementwerken ist es, den getrockneten Klärschlamm entweder über den Hauptbrenner in den Drehrohrofen oder als Zusatzbrennstoff in den Kalzinator zuzugeben. Beim Einsatz des Brenngas-Moduls kann in diesem Fall auf den Feinfilter verzichtet werden. Durch die Verwendung eines dem Gasifizierungsprozess nachgeschalteten Zyklons wird das erzeugte Synthesegas von einem großen Teil des verbleibenden Staubes befreit. Dieser Staub enthält ebenso wie die Asche einen hohen Anteil an Phosphor und kann zur weiteren Verarbeitung mit der Asche vermischt werden.

Das übrigbleibende heiße Synthesegas wird im Anschluss direkt oder nach etwaiger Abkühlung zum Zwecke der Wärmerekuperation im Zementwerk verfeuert. Dieser einfache Ansatz ermöglicht die selektive Nutzung der im Klärschlamm enthaltenen chemisch gebundenen Energie im Zementherstellungsprozess und gleichzeitig die Trennung der wertvollen Asche. Die in der novellierten Abfallklärschlammverordnung ab 2029 vorgeschriebene Pflicht zur Phosphorrückgewinnung wird somit erfüllt. Der aufgrund der großen spezifischen Oberfläche tendenziell mit Schwermetallen höher belastete Staub wird nicht im Zyklon abgeschieden und durch das Verbleiben im Synthesegas dem Zementofen zugeführt.

Anwendung des Brenngasmoduls in der Zementherstellung.

Vorhandene Infrastruktur nutzen
„Das Synthesegas kann entweder im Drehrohrofen über ein zu installierendes Satellitenrohr eingebracht werden, wobei die Qualität des Zementherstellungsprozesses sicherzustellen ist“, sagt Alexander Neagos. Die einfachere Variante ist der Einsatz in einem Kalzinator. „Bei der Einbringung in den Drehrohrofen ist zu beachten, dass alleine durch die Verbrennung von Synthesegas die benötigten Temperaturen von rund 2000 Grad Celsius nicht erreicht werden können. Dies führt dazu, dass die Substitutionsrate von Primärenergie oder hochkalorischen Ersatzbrennstoffen durch Synthesegas auf ca. 15 Prozent begrenzt ist“, erzählt Neagos. Durch die Anpassung des Gasifizierungsverfahrens von Luft- zu Wasserdampf-Sauerstoff-Gasifizierung ist es jedoch möglich, den Heizwert des Synthesegases signifikant zu erhöhen und damit deutlich höhere Substitutionsraten zu erzielen. Unabhängig vom zu wählenden Einbringungsort kann die bereits vorhandene Infrastruktur am Zementwerk genutzt werden, was einen signifikanten Vorteil gegenüber neu zu errichtenden Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen darstellt.

Neben der Anwendung in klassischen Zementwerken stellt die Herstellung von kalzinierten Tonen für Komposit-Zemente eine besonders interessante Option für die Kopplung mit einem Brenngas-Modul dar. Kalzinierte Tone können in Komposit-Zementen bis zu 30 Prozent des klassischen Klinkers ersetzen, da sie selbst ähnliche Eigenschaften besitzen. Bei der Kalzinierung der Tone wird im Vergleich zum klassischen Klinkerbrenner allerdings weitaus weniger CO2 ausgestoßen. Besonders vorteilhaft für die Kopplung mit einem Brenngasmodul ist allerdings die Temperatur von 750 bis 850 Grad Celsius, bei der die Kalzinierung stattfindet. Dies ermöglicht eine sehr hohe Substitutionsrate von bis zu 100 Prozent durch Synthesegas aus Klärschlamm. Der Einsatz des Gases ist darüber hinaus auch in Müllkraftwerken, Kalkbrennereien und Ziegelwerken denkbar.

Mögliche Industriebereiche für die Nutzung von Synthesegas aus Klärschlamm

Industriebereich Spezifische Prozessanforderungen Konstruktive Anforderungen Gesetzliche Bestimmungen Maximale Ersatzquote Primärenergie durch Syngas
Zement Hohe Verbren­nungstemperaturen (Klinkertemperatur 1450 °C) am Drehrohr Zusätzlicher Satellitenbrenner Drehrohr, neuer Heißgasbrenner Kalzinator Klärschlamm-Zufeuerung über den Hauptbrenner ist gängige Praxis. Genehmigung nach 17. BImschV i.d.R. vorhanden, zu erweitern ~15-20 %
Kalzinierter Ton Verbrennungstemperatur < 900 °C, Einsatz veralteter Zementanlagen möglich Analog Zement Analog Zement Bis zu 100 %
Müllkraftwerke Anhebung der Brennkammertemperatur > 850 °C im Teillastbetrieb Zusätzlicher Heißgasbrenner KS-Mitverbrennung ist gängige Praxis Bis zu 100 % der Stüzfeuerung
Kalkbrennereien Ofentemperaturen ~1200 °C, Direktentschwefelung durch den Kalk im Prozess, hoher Primärenergieersatz möglich Anpassung aktuelle Brenner und Luftzu­fuhr, zusätzliche Abgasreinigung Genehmigung als Mitverbrennungsan­lage notwendig, 17. BImSchV Bis zu 80 %
Ziegeleien Keine Verunreinigungen im Synthesegas, instationäre Prozessführung Anpassung aktuelle Brenner und Luftzu­fuhr, zusätzliche Abgasreinigung Genehmigung als Mitverbrennungsan­lage notwendig, 17. BImSchV Bis zu 60 %

Asche als Rohstoff für die Phosphorrückgewinnung
„Für ein ganzheitliches Konzept der Klärschlammverwertung in industriellen Feuerungsanlagen muss auch die Ascheverwertung betrachtet werden. KOPF SynGas arbeitet bereits mit mehreren Partnern an einer Lösung, die Asche wirtschaftlich weiter zu verwerten“, berichtet Alexander Neagos weiter. Hierzu wird Asche aus dem Prozess einer Koblenzer Verbrennungsanlage den Versuchsanlagen zur Aschebehandlung zugeführt. Bei der Verwertung von Synthesegas aus Klärschlamm als Ersatzbrennstoff ist laut Neagos ein entsprechender Ascheverwerter als dritte Partei hinzuzuziehen. Bereits heute kann eine solche Anlage zur Synthesegaserzeugung ohne großen Aufwand beispielsweise auf einem Zementwerksgelände installiert werden, ohne die Asche deponieren zu müssen.

Die Erzeugung von Synthesegas bietet einen flexiblen Einsatz von Klärschlamm als Energiequelle. „Der Reststoff aus der Abwasseraufbereitung wird so Teil zur Lösung einer der zentralen Herausforderungen unserer Zeit: Dem ressourcenschonenden und nachhaltigen Einsatz von Energiequellen“, resümiert Neagos. Durch die Kombination aus energieintensivem Prozess und Gaserzeugung aus Klärschlamm kann bereits existierende Infrastruktur genutzt werden, um Klärschlamm weiterhin als Ersatzbrennstoff einzusetzen und die wertvolle Ressource Phosphor in den Nährstoffkreislauf zurückzuführen.

Brenngas-Modul zur Erzeugung von Synthesegas aus Klärschlamm mit optionaler Rekuperation über einen Luftvorwärmer und Feinentstaubung.

Vergleich der Verbrennung von Braunkohle mit der von Synthesegas aus Klärschlamm.